Evolution im Speichermarkt

Experteninterviews – Dienstag, 03. März 2020

Sieben Fragen an ees Europe Conference Chairman Florian Mayr, Partner Apricum – The Cleantech Advisory

Florian Mayr, Partner bei Apricum

Die ees Europe Conference ist bei The smarter E Europe bereits seit 2014 als eigenständige Veranstaltung vertreten. Sie sind in diesem Jahr erstmals Chairman des ees Europe Conference Komitee. Was möchten Sie mit der ees Europe Conference bewegen?

In meiner Arbeit als Strategie- und Transaktionsberater im Energiespeichersegment erlebe ich jeden Tag, welche Themen unsere Kunden aus der Industrie tatsächlich beschäftigen. Mit der Konferenz möchte ich diese wirklich relevanten Aspekte des Energiespeichersegments abdecken und dabei ganz gezielt auf die praxisbezogenen Interessen der Besucher von The smarter E eingehen. Das Programm ist darauf ausgerichtet, die letztendlich entscheidende Frage zu beantworten: Wie kann ich heute und in der nahen Zukunft erfolgreich an den Möglichkeiten eines reifenden Energiespeichermarktes teilhaben?

Die ees Europe Conference wird 2020 nach dem Motto “Growing up with the Market“ den Fokus auf die Möglichkeiten und Herausforderungen einer reifenden Industrie setzen. Wie sehen diese aus und wie sollte die Branche reagieren?

Der Stromsektor befindet sich nach wie vor in einem starken Wandel. Trends wie der steigende Anteil an variabler erneuerbarer Energie, dezentrale Erzeugung und die Elektrifizierung angrenzender Sektoren wie Transport und Wärme führen zu einem erhöhten Bedarf an Flexibilität im Energiesystem. Energiespeicher stellen dabei eine hervorragende Flexibilitätsoption dar und sind deshalb integraler Bestandteil einer fortgesetzten, erfolgreichen Energie- aber auch Transport- und Wärmewende. Durch die gegenwärtig stattfindende Professionalisierung der Industrie verbessert sich die Positionierung von Energiespeichern gegenüber Alternativen weiter, das zu erwartende Geschäftspotenzial ist enorm.

Gleichzeitig sehen sich Marktteilnehmer einer hohen Komplexität ausgesetzt. Märkte für Energiespeicher stellen sich in der Regel als „Pockets of Opportunities“ dar, die sich in Abhängigkeit von oft begrenzter Nachfrage, veränderlichen regulatorischen Rahmenbedingungen und Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit schnell öffnen, aber auch wieder schließen können. Energiespeicherspieler müssen solche Bewegungen frühzeitig erkennen, bewerten und flexibel reagieren können. Zur Realisierung der Opportunitäten müssen zusätzlich Kostensenkungspotenziale kontinuierlich identifiziert und konsequent gehoben, sowie Geschäftsmodelle angepasst und durch geeignete Prozesse implementiert werden.

Marktanalyse mit Schwerpunkt Europa und aktuellste Marktstudien sollen der Speicherbranche auf der ees Europe Conference Orientierung geben. Wo sehen Sie die aktuellen Hotspots im Speichermarkt?

Unterschiedliche Länder stehen unterschiedlichen Herausforderungen in ihrem jeweiligen Energiesystem gegenüber, die mit Speichern angegangen werden können und die grundsätzliche Nachfrage bestimmen. Ob sich ein Markt zum Speicher-Hotspot entwickelt, hängt darüber hinaus aber von den regulatorischen Rahmenbedingungen und der resultierenden Wettbewerbsfähigkeit der jeweils verfügbaren Alternativen, sowie der Möglichkeit ab, den durch den Speicher gestifteten Wert auch vergütet zu bekommen. Vor diesem Hintergrund bleiben die USA, Großbritannien, Deutschland, Italien, Südkorea, China, Japan und Australien weiterhin sehr wichtige Märkte in 2020. Gleichzeitig öffnen sich überall auf der Welt neue, vielversprechende Möglichkeiten. Sei es zur Frequenzregulierung in Irland oder für die zeitliche Verschiebung der Solarstromerzeugung in den Vereinigten Arabischen Emiraten: Marktzugang und Vergütungsmöglichkeiten werden geschaffen, um von der steigenden Attraktivität von Speichern als Flexibilitätsoption zu profitieren.

Fragen der Preisentwicklung im Batteriesektor stehen nicht nur bei der ees Europe Conference im Fokus: Wie entwickeln sich die Preise entlang der Produktionskette? Wo sind die heutigen und zukünftigen Preistreiber? Welche Trends müssen berücksichtigt werden? Diese Fragen bewegen die Branche. Gibt die Konferenz Antworten?

Ja, diese Fragen werden in einer dedizierten Session behandelt. Letztendlich wird die Auswahl von Energiespeichern bzw. einer bestimmten Speichertechnologie durch die jeweiligen Kosten über die Laufzeit des betreffenden Projektes bestimmt. Die Investitionskosten spielen dabei eine wichtige Rolle und ergeben sich aus den Preisen für die verschiedenen Systemkomponenten. Diese wiederum werden durch eine Vielzahl verschiedener Faktoren getrieben wie Rohstoffpreisentwicklungen, Skaleneffekte in der Produktion oder Technologieverbesserungen. Dazu kommt noch die individuelle Preisgestaltung für das vollständige Speichersystem. Es ist wichtig, diese Treiber und ihre Zusammenhänge zu verstehen, um proaktiv Strategien zur Kostensenkung zu entwickeln.

Die ees Europe Conference ist eingebettet in das Konferenzquartett im Rahmen von The smarter E Europe. Wie bewerten Sie das Konzept und wo sehen Sie die Zusammenhänge der einzelnen Konferenzen? Und welche Sessions aus den Parallel-Konferenzen sind Ihrer Meinung nach auch für Speicherexperten spannend?

Variable Solarstromerzeugung sowie dezentrale Erzeugung sind, wie zuvor schon angesprochen, Haupttreiber für den Bedarf an Flexibilität im Energiesystem und damit für Energiespeicher. „Digitale Energie“ eröffnet z.B. durch Aggregation kleinerer Speichereinheiten neue Geschäftsmöglichkeiten, steht aber zugleich in einigen Anwendungen auch im Wettbewerb zu Speicherlösungen, z.B. bei der Behebung von Netzengpässen. Die aufkommende E-Mobilität bewirkt eine zunehmende Konvergenz des Strom- und Transportsektors und eine wachsende Überschneidung der Herausforderungen und Chancen.

Erneuerbare Energien, digitale Energie, Energiespeicher und E-Mobilität sind daher eng miteinander verknüpft und sollten im Zusammenhang betrachtet werden. Hierfür bietet das Format von The smarter E Europe mit seinen parallelen Konferenzen zu den vier Themen sehr gute Voraussetzungen. Aus “Speichersicht” interessant sind sicherlich Beiträge wie „Leading the Charge: Electrical Energy Storage for Residential and C&I PV Systems“ und “A Formidable Team: Utility-scale PV and Electrical Energy Storage”, beide auf der Intersolar oder auch “Dealing with Dunkelflaute - Changing Energy Supplies With the Seasons” auf der Smart Renewable Systems Conference.

Neu im Programm der ees Europe Conference ist eine Networking Session, in der sich Teilnehmer gezielt mit Experten und potentiellen Geschäftspartnern austauschen können. Geplant sind drei Workshops. Um welche Themen geht es dabei, und wer sind die Workshop-Leiter?

Angeboten wird ein Workshop zum Thema „Technische Innovationen mit Patenten schützen“ mit Christian Metzger von der Patentanwaltskanzlei "Grättinger Möhring von Poschinger". Das Thema ist besonders interessant, weil Patente eine immer größere Rolle im Energiespeicherbereich spielen - schließlich werden Kunden zunehmend über technische Innovationen gewonnen und gehalten. Allerdings versäumen es Unternehmen aus dem Energiesektor oftmals ihre technischen Innovationen auch über Patente zu schützen, während Unternehmen aus anderen Branchen - mit einer deutlich aktiveren Patentkultur, z.B. der Automobilindustrie - in den Energiesektor drängen und dort damit ihr Revier abstecken. Blendet man als Unternehmen in der Energiewirtschaft das Thema Patente weiterhin aus, kann das sehr teuer werden: zum einen, weil ohne Patentschutz jeder Wettbewerber die eigene technische Innovation kopieren darf und zum anderen, weil die Verletzung des Patents eines Dritten sehr teuer und unangenehm werden kann.

Dr. Holger Hesse, stellvertretender Leiter des Lehrstuhls für Elektrische Energiespeichertechnik an der TU München wird in seinem Workshop Technologiethemen aufgreifen: es geht um „Batteriespeicher im Kontext der Sektorenkopplung“. Durch die starke Zunahme an Elektrofahrzeugen ändern sich auch die Anwendungs- und Aufgabenfelder von Stromspeichern. Zur gleichen Zeit entstehen neue Regularien zu CO2-Bepreisung und –Vermeidung auf der Ebene von EU und Deutschland, welche die Nutzung von Strom im Wärmesektor stark begünstigen. Benötigen Sie ein neues Energiemanagement für die Einbindung von Elektro-Fahrzeug(en) am Heim- und Unternehmensstandort? Werden Pufferspeicher für Schnellade-Systeme einen neuen Wachstums-Hype in der Speicher-Branche auslösen? Oder ist die Netzanbindung von Elektrofahrzeugen im Kontext von „Vehicle-to-Grid“ gar als Konkurrenz zu stationären Speichersystemen zu sehen? Wie und unter welchen Voraussetzungen kann ein Stromspeicher zum Gelingen der Wärmewende in Haushalts- und Industriebereich beitragen? Diese und weitere Fragen werden in dem Workshop unter Beteiligung von Experten aus Industrie und Forschung diskutiert und adressiert.

Die ees Europe Conference wird in diesem Jahr zum zweiten Mal ergänzt mit der Power-to-X Conference, die am Donnerstag 18. Juni stattfindet und gemeinsam mit den strategischen Partnern Hydrogen Europe und Eurogas durchgeführt wird. Warum wird das Thema Power-to-X wichtig?

Power-to-X bietet eine Vielzahl von Lösungen u.a. in den Bereichen Wärme, Transport und Industrie. Als stationärer Stromspeicher, also im Grunde Power-to-Gas-to-Power kann Wasserstoff bei entsprechenden Kostensenkungen zukünftig eine Rolle spielen, wenn Strom über längere Zeiträume gespeichert werden soll, z.B. für saisonale Speicher.

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