Speicher mit Köpfchen im Jubiläumsjahr

Experteninterviews – Dienstag, 29. Juni 2021

Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer der FENECON GmbH

Die bayerische Fenecon GmbH wurde für das Heim- und Gewerbespeichersystem „Fenecon Home“ nominiert. Gründer und Geschäftsführer Franz-Josef Feilmeier erklärt, was den Speicher schlau macht und was er als „New Mittelstands-Unternehmen“ im zweiten Firmenjahrzehnt vorhat.

Herzlichen Glückwunsch zu zehn Jahren Fenecon! Als Sie 2011 begonnen haben, waren Sie Ihrer Zeit weit voraus. Auf dem elterlichen Hof in Niederbayern bauten Sie eine netzgekoppelte PV-Eigenverbrauchsanlage ohne Überschusseinspeisung. Ihr Speicher hatte damals schon 9 Kilowatt Leistung und 10 Kilowattstunden Lithium-Speicherkapazität, mit einem eigenen Energiemanagement optimierten Sie den Eigenverbrauch. Ein Jahrzehnt später haben Sie knapp 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bieten Heim-, Gewerbe- und Container-Speichersysteme an und ermöglichen mit der OpenEMS-Plattform und dem offenen Quellcode technologieoffenes Energiemanagement. Worauf sind Sie am meisten stolz?

Mein ganzer Stolz ist dieses großartige Team, die Kollegen, die das alles möglich gemacht und umgesetzt haben. Hier bringt sich jeder mit Herzblut ein und unsere Vision der 100 Prozent-Energiewende und wie wir das angehen, haben wir gemeinsam entwickelt. Das OpenEMS als „Betriebssystem für die Energiewende“, die vielen Auszeichnungen und zufriedene Kunden sind dann die Folge davon. Dabei haben wir das Glück – und auch darauf bin ich sehr stolz –, dass wir unabhängig von Konzernen oder Finanzinvestoren geblieben sind und uns keiner irgendwelche steilen Wachstumsszenarien vorgibt oder Quartalsergebnisse im Mittelpunkt stehen würden.

Wann haben Sie das erste Mal auf der Intersolar ausgestellt und was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Wir waren 2013 das erste Mal so richtig auf der Intersolar aktiv – damals kurz nach dem verheerenden Donau-Hochwasser, das uns praktisch alles genommen hatte. Durch das Hochwasser ist das Netz in unserem Ortsteil für drei Wochen ausgefallen, die ganze Messevorbereitung lief über einen inselfähigen Speicher.

Außerdem: Wir hatten mehrere Jahre lang gemeinsame Messestände mit BYD und haben dabei einmal auch das V2X-fähige Elektroauto e6 präsentiert. Dafür haben wir uns kurzerhand einen Adapter „Typ2-Autoseite auf Dreifachsteckdose“ bauen lassen und daran eine Softeis-Maschine am Messestand angeschlossen. Viele Intersolar-Besucher haben sich in diesen heißen Messetagen eine kleine Erfrischung powered by Elektroauto von uns geholt.

Sie schlagen einen großen Bogen: Einerseits arbeiten Sie eng mit dem chinesischen Hersteller BYD zusammen, andererseits betonen Sie Ihre niederbayerischen Wurzeln und bewahren Eigenständigkeit. In welche Richtung geht’s weiter? Globaler Konzern oder bayerischer Familienbetrieb?

Ich denke, das schließt sich nicht gegenseitig aus. Wir legen bei unseren Partnern sehr großen Wert auf hochwertige Komponenten. Gleichzeitig liefern beispielsweise BYD und andere „nur“ die Batterien, Siemens und andere „nur“ die Wechselrichter – aber es braucht dann eben einen Systemintegrator, der nicht zehntausende Mitarbeiter für die industrielle Fertigung von Komponenten braucht, sondern als „Speicherversteher“ die Anwendungen versteht und sie mit der dafür spezifizierten Hardwarekonstellation und dem Energiemanagement möglich macht. Genau diese wichtige Rolle besetzen wir mit unserem ingenieurstarken Team.

Dabei sehen wir uns als „New Mittelstand“, also schon noch basierend auf dem regional verwurzelten Familienbetrieb, aber auch weiter dynamisch wachsend und mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen. Unsere Industrialisierung und Vertiefung der Wertschöpfung fokussieren wir vor allem da, wo das Geschäft noch nicht bei den Konzernen liegt, wie der standardisierten und Plattform-basierten Fertigung von Speichern auf Basis neuer und gebrauchter Elektrofahrzeugbatterien.

Den „Fenecon Home“, für den Sie mit dem ees-Award nominiert wurden, bezeichnen Sie als „Speicher mit Köpfchen“ und „vorausdenkendes System“. Warum ist dieser Speicher Ihrer Meinung nach schlauer als andere? Und wie kann er vorausdenken?

Bei vielen Speichern am Markt fehlt ein übergeordnetes Energiemanagement, stattdessen regelt der Wechselrichter nur auf die Null am Anschlusspunkt aus: Er lässt die PV-Anlage also so lange nicht einspeisen, bis die Batterie voll ist – und dann so verhindert er durch Entladung so lange den Netzbezug bis sie leer ist. Das mag zwar für viele auf den ersten Blick erstmal logisch sein. Aber damit schaffen wir weder eine vollständige und sektorübergreifende Energiewende, noch ist ein System mit so einer Betriebsstrategie für den Anwender das richtige Gerät für die Energiewelt in 20, zehn, aber eigentlich auch schon fünf Jahren. Also lassen wir den Speicher seine Energiewelt selbstlernend kennenlernen: Wie viel und wann produziert die PV-Anlage? Wie gestaltet sich der Verbrauch und gibt es steuerbare Verbraucher, die man intelligent einbinden kann? Daraus entsteht ein Energieplan, der – wenn die eigenerzeugte Energie nicht ausreicht – auch noch um Netzbezug zu günstigen Börsenpreiszeiten ergänzt werden kann. Dafür ist alles bereits in der FEMS-Box ganz oben auf dem Batterieturm verbaut und vorbereitet. Jegliche kompatible App kann dann einfach aktiviert werden und erweitert den Funktionsumfang des Speichers – genauso also wie wir es auch beim Smartphone kennen.

Sie haben von Anfang an eher auf größere Speichersysteme gesetzt. Warum nun ein Heimspeicher, der mit 8,8 kWh beginnt? Gibt es davon nicht schon genügend auf dem Markt?

Ja, bereits unsere ersten Heimspeicherserien waren mit 10 kWh relativ groß und vor allem mit 9 kW Leistung bereits sehr leistungsstark. Erst später haben wir auch kleine Speicher mit 3 kW und 3 oder 6 kWh verkauft, das war aber ein Fehler. Während diese – wie allgemein viele derart kleine Speicher – häufig vorzeitig aussortiert werden, weil sie einfach die Kundenansprüche nach höherer Kapazität, aber auch nach deutlich mehr Leistung oder einer sinnvollen Notstromfunktion nicht erfüllen, sind diese „alten“ immer noch im Feld und schlagen sich auch bei der Restkapazität sehr gut. Deshalb sind wir, was die Batterielebensdauer betrifft, auch bei den neuen Systemen sehr zuversichtlich.

Ein Speicher, der unseren Namen trägt und der mit dem Anspruch der Zukunftsfähigkeit antritt, darf nicht eine „Verzichtslösung“ sein. Daher haben wir versucht, alle Wünsche in Leistung, Notstrom, Effizienz, aber eben auch einer zufriedenstellenden Kapazität aufzugreifen. Schon in den letzten beiden Jahren ist die Durchschnittskapazität unserer Heimspeicher auf deutlich über 10 kWh gestiegen, so dass ich die 8,8 kWh im Heimspeichersegment für einen sinnvollen Startwert halte.

Mit den stapelbaren Batteriemodulen kann das System bis auf 66 kWh Kapazität aufgestockt werden. Sehen Sie den Einsatz des neuen Systems eher in Einfamilienhäusern oder mehr in Mehrfamilienhäusern oder Gewerbebetrieben? Wo eignet es sich besonders?

Unter einem Gewerbespeicher verstehen wir Systeme, die – selbst wenn sie in ähnlichen Kapazitäten unterwegs sein sollten – deutlich mehr Leistung bieten, also nicht unter 30 kW Be- und Entladung. Der „Home“ kann nun zwar mit 10 kW Leistung bis auf 66 kWh Kapazität hochskaliert werden – aber, ehrlich gesagt, empfehlen wir so ein ungünstiges Leistungs-Kapazitäts-Verhältnis (C-Rate) nicht, vor allem nicht im Gewerbe. Spannend wird es aber, wenn man mehrere Einheiten clustert, also mehrere 10 kW-Einheiten mit jeweils einer Batterie über das Energiemanagement zu einem gemeinsamen Speicher zusammenführt. Das machen wir im Großspeicherbereich sehr erfolgreich und das ist bei den kleinen natürlich auch möglich.

Das „Köpfchen“ ist die FEMS-Box für das Energiemanagement, das einfach und schnell über dem Speicher installiert werden kann. In der FEMS-Box sind z.B. Anschlüsse für die Ansteuerung einer SG-Ready-Wärmepumpe, eines Heizstabs, von Ladepunkten und anderen steuerbaren Verbrauchern. Stichwort Sektorenkopplung: Ist das die Zukunft von PV-Speichersystemen?

Ja, die Kundenerwartung ist ganz klar, dass alle diese Energieverbraucher aus einem Guss gesteuert werden. Also braucht es ein umfassendes Energiemanagement, das Hersteller-übergreifend und offen für alles ist, was die Energiezukunft noch bringen mag. Die teilweise schockierende Realsituation dagegen ist häufig, dass an derselben Stelle verschiedene Zähler eine PV-Überschusseinspeisung messen, damit sie in separaten, geschlossenen Steuerungen die Wallbox, die Wärmepumpe, den Heizstab, die dynamische PV-Reduzierung oder eben den Speicher ansteuern. Davon müssen wir zum Wohle des Kunden weg. Dabei ist der Speicher häufig der Zeitpunkt, an dem erstmals ein Energiemanagement in das Haus einzieht, daher ist es wichtig, dass dieses genau diese Offenheit mitbringt, um die Sektorenkopplung einfach umzusetzen.

2020 haben Sie den ees-Award geholt, dieses Jahr sind Sie wieder unter den Finalisten. Was bringt Ihnen die Teilnahme an diesem Wettbewerb? Wie nutzen Sie es in Ihrer Kommunikation?

Anfangs war es für uns als kleines Start-up natürlich sehr cool, über die Nominierungen und Auszeichnungen wahrgenommen zu werden. Mittlerweile haben wir wohl eines der größten Entwicklerteams der Speicherbranche in Hard- und Software aufgebaut und haben es uns zur Mission gemacht, mit innovativem Energy Engineering zukunftsfähige Speicher und Energiemanagement-Lösungen zu entwickeln. Wenn diese unter die Top10 der jährlichen Innovationen der Speicherbranche mit einem so wichtigen Preis und hochrangiger Jury nominiert werden, zeigt uns das, dass wir die Anforderungen von Markt und Kunden wohl ganz gut getroffen haben. Darüber berichten wir dann gerne auch in Newslettern und Pressemitteilungen.

Back the roots … Funktionieren die Anlagen auf dem elterlichen Hof noch? Ist der Betrieb noch am Netz oder schon autark?

Ja klar. Papa musste zwar auch immer wieder die Kinderkrankheiten der Vorseriengeräte neuerer Systeme durchleiden, aber dabei haben wir alle Speicher immer gemeinsam in das FEMS Monitoring und Energiemanagement zusammengeführt. Es sind jetzt alle Fahrzeuge elektrifiziert, etwa 120 kWp an PV-Anlagen arbeiten nur im Eigenverbrauch und ohne jegliche Überschusseinspeisung. Die Speicherkapazität an Batterien liegt bei etwa 110 kWh, wobei die Solar-Orientierung der Produktionsprozesse mit vor- und nachgelagerten Lägern weitere „Speicherkapazität“ geschaffen hat und im Energiemanagement integriert ist. Und das Schöne ist: Was früher noch häufig Einzelvereinbarungen mit den Netzbetreibern und „Grauzonen“ im EEG waren, ist mittlerweile vieles einfach machbar. International sowieso, aber auch in Deutschland schon mehr und mehr. Politik und Netzbetreiber hatten die Anlagen dort ebenfalls verfolgt, gesehen dass es klappt und die Lösungen aufgegriffen.

Und wie geht’s weiter? Was haben Sie mit Fenecon im zweiten Firmenjahrzehnt vor?

Die 20er Jahre werden wir als Zeitenwende in der Energiewelt erleben: Die Welt solarisiert sich, Solarenergie als günstigste aller Energieformen setzt sich weltweit und mit phänomenalen Zubauraten durch. Für nachhaltigen Klimaschutz, aber auch eine Dezentralisierung und Demokratisierung der Energieversorgung, an der jeder teilhaben kann, ist das eine großartige Nachricht. Im Zuge dessen werden Speicher in Wohnhäusern, in Gewerbe und Industrie, im Netzbetrieb und Energiemarkt und natürlich an der Ladeinfrastruktur und in den Fahrzeugen zur Selbstverständlichkeit. Sie sind eingebettet in ein zunehmend flexibles Energiesystem mit multifunktionalem und vernetztem Energiemanagement als Dreh- und Angelpunkt.

Wir wollen diese Entwicklung weiterhin durch Innovationen prägen und bringen uns dabei sehr aktiv in die Schnittstelle Elektrofahrzeug – Energiemarkt ein, beispielsweise mit intelligentem Lademanagement auch im Flottenbetrieb und Speicherplattformen auf Basis von Fahrzeugbatterien. Damit werden wir viele weitere hochwertige Arbeitsplätze schaffen können und unser Engagement auf weitere Kontinente ausweiten können.

Zu den ees AWARD Finalisten 2021

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