Man braucht keine prophetischen Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass die Strompreise für Privathaushalte auch in den kommenden Jahren steigen werden – europaweit. Gleichzeitig sinken die Gestehungskosten für Solarstrom sowohl direkt vom Dach als auch aus dem eigenen Stromspeicher immer weiter. Bereits heute erreichen die besten Solar- und Speichersysteme in Deutschland nach einer aktuellen Studie vom Branchenverband SolarPower Europe Stromgestehungskosten von nur noch 12,2 Eurocent pro Kilowattstunde. Für Strom aus dem Netz zahlen Privathaushalte hierzulande rund das Dreifache.
Unter diesen Rahmenbedingungen ist es nicht verwunderlich, dass die Anzahl und Speicherkapazität der neu installierten Systeme in den vergangenen fünf Jahren einen steilen Anstieg verzeichnen konnten. Das belegen auch Zahlen vom Marktforscher EuPD Research und dem Bundesverband Solarwirtschaft. Danach wurden auch unter den schwierigen Covid-19-Bedingungen im ersten Halbjahr 2021 in Deutschland rund 73.000 Batterie-Systeme in Eigenheimen installiert. Das sind 59 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Als wichtiger Wachstumsfaktor gilt dabei die wachsende Größe der installierten Leistung der Photovoltaik-Anlagen: Insbesondere für die Anlagensegmente von 10 bis 15 kW sowie von 15 bis 20 kW ist seit der EEG-Novelle zum Jahresbeginn 2021 ein steiles Wachstum zu beobachten – und die Anzahl der installierten Speichersysteme wuchs parallel mit.
Auf Seiten der Hersteller dominieren vier Unternehmen den Speichermarkt in Deutschland: Die Marken sonnen, BYD, E3/DC und senec teilen sich drei Viertel des heimischen Speichermarktes. Alle anderen Anbieter von Speichersystemen erreichen zur Zeit Marktanteile von weniger als zehn Prozent.
Der europäische Heimspeichermarkt
Wie ist dieses starke Marktwachstum in Deutschland nun im europäischen Kontext einzuordnen? Antwort auf diese Frage gibt der „European Market Outlook For Residential Battery Storage 2021–2025“ von Solarpower Europe. Danach stieg die neu installierte Kapazität von Stromspeichern in Privathäusern im Jahr 2020 um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Obwohl das Marktumfeld aufgrund der COVID-19-Krise schwierig war, übertraf der europäische Speichermarkt 2020 mit rund 140.000 installierten Systemen erstmalig mehr als 100.000 installierte Batterieeinheiten. Gleichzeitig erreichte die Marktgröße mit insgesamt 1.072 Megawattstunden (MWh) neu installierter Speicherkapazität in einem einzigen Jahr zum ersten Mal die bedeutsame Schwelle zur Gigawattstunden-Dimension.
Spiegeln diese Zahlen schon ein erfolgreiches Jahr für die Hersteller von Speichersystemen wider, so ist das Wachstum der kumulierten installierten Speicherkapazität noch ausgeprägter. Die Stromspeicher-Kapazität in Privathaushalten ist von weniger als 2 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2019 auf über 3 GWh im Jahr 2020 gestiegen, was einem Anstieg von 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die gesamte Speicherkapazität hat sich damit im Vergleich zu 2015 verzehnfacht.
Die Top-5-Länder in Europa
Im Ländervergleich ist Deutschland weiterhin europäischer Spitzenreiter im Bereich der Photovoltaik und der Batteriespeichersysteme für Privathaushalte. Mit rund 70 Prozent der im gesamten europäischen Markt für Heimspeicher installierten Kapazität kann die Bedeutung des deutschen Marktes kaum unterschätzt werden, wie die Installationszahlen für das Jahr 2020 zeigen. Danach stieg die neu installierte Speicherkapazität in Deutschland im Gesamtjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 51 Prozent auf 749 MWh an. Mit deutlichem Abstand folgen in der Top-5 der europäischen Heimspeichermärkte Italien, Großbritannien, Österreich und die Schweiz. Zusammengenommen stehen diese fünf Staaten für 93 Prozent der gesamten europäischen Heimspeicher-Installationen.
In Italien führte die Einführung des „Superbonus 110 %“ (eines Steuerrabatts in Höhe von 110 Prozent der Kosten einer energetischen Gebäudesanierungen für Wohngebäude – und somit auch die Installation eines Solar- und Speichersystems) sowie weitere, bereits bestehende Förderprogramme laut Solarpower Europe im Jahr 2020 zu einem Marktwachstum von 44 Prozent (94 MWh).
In Großbritannien lag das Marktwachstum 2020 bei 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 11.000 Speichersysteme (81 MWh) wurden im Vereinigten Königreich neu installiert. Hier macht sich weiterhin die drastische Reduzierung und letztliche Aussetzung des Einspeisetarifes für Solarstrom im Residential-Bereich bemerkbar, die zu einer immer noch vergleichsweise niedrigen Anzahl von häuslichen Photovoltaik-Anlagen geführt hat und nun ein stärkeres Wachstum des Speichermarktes bremst.
In Österreich betrug das Marktwachstum 2020 rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. 6.000 Speichersysteme (41 MWh) wurden neu installiert.
In der Schweiz schließlich ist der Speichermarkt 2020 um 39 Prozent (18 MWh) gewachsen. In beiden Ländern wurden entsprechende staatliche Anreizsysteme etabliert und unterstützende politische Rahmenbedingungen geschaffen.
Weiterer Preisrückgang und steigende Installationszahlen
Für die nächsten Jahre sagen Analysten eine Fortsetzung des Preisrückgangs voraus. Bis 2030 wird sich danach der Preis für Lithium-Ionen-Batteriepacks mehr als halbieren. Dagegen werden die aktuell steigenden Preise für Photovoltaikanlagen und Batterie-Heimspeicher als eine vorübergehende Erscheinung eingestuft. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 wird sich die Situation laut Solarpower Europe durch Anpassung der Lieferketten wieder entspannen und das Marktwachstum weiter Fahrt aufnehmen.
Das Jahr 2022 verspricht also, ein spannendes Jahr für Zulieferer und Hersteller von Batteriespeichern, für Installateure und Nutzer von Photovoltaik- und Stromspeichersystemen zu werden. Einen Überblick über Trends und Technik, Märkte und Marktteilnehmer gibt die ees Europe – Europas größte und internationalste Fachmesse für Batterien und Energiespeichersysteme, die vom 11. bis 13. Mai 2022 in München stattfindet.