Flow-Batterien gelten als eine der wirtschaftlichsten Optionen zur Langzeitstromspeicherung. Im Interview mit Guido Dalessi, CEO von Elestor, erfahren wir wie das niederländische Unternehmen mit innovativen Technologien die Synergie von Elektrizität und Wasserstoff für seine Flow-Batterien nutzt.
Flow-Batterien sind ein einzigartiger Batterietyp, der ursprünglich in den 1960er Jahren von der NASA entwickelt wurde. Doch erst in den 1980er Jahren wurden die Batterie in der Industrie gefragter, nachdem sie die Fähigkeit bewiesen hatten, mehr als 10.000 Lade-/Entladezyklen zu überdauern.
Unser Flow-Batteriekonzept basiert auf einer elektrochemischen Zelle, in der chemische Energie durch eine Reaktion zwischen zwei aktiven Materialien erzeugt wird. Theoretisch kann eine Flow-Batterie aus einer Vielzahl aktiver Materialien, so genannten Redoxpaaren, aufgebaut werden. Elestor hat mehrere dieser Materialien entwickelt.
Zunächst entwickelte Elestor ein Chemiekonzept auf Basis von Wasserstoff und Brom, das nach wie vor als der heilige Gral chemischer Verbindungen gilt. Um die Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen, führten wir im vergangenen Jahr ein neues chemisches Konzept ein, das Wasserstoff mit Eisen und Schwefelsäure kombiniert. Diese Chemikalien wurden gezielt ausgewählt, um ein Energiespeichersystem mit minimalen Speicherkosten pro MWh zu realisieren.
Die aktiven Materialien sind durch eine Membran getrennt und zirkulieren in einem geschlossenen Kreislauf, jeweils in ihrem eigenen Kompartiment. Beim Aufladen der Batterie wird eine chemische Redoxreaktion ausgelöst, die sich beim Entladen umkehrt.
Flow-Batterien eignen sich für die langfristige Speicherung von Strom (LDES), da sie Energie für Zeiträume von mindestens acht Stunden bis hin zu mehreren Tagen bereitstellen können. Während andere Technologien ähnliche Zeitspannen abdecken können, gehören Flow-Batterien zu den wirtschaftlichsten Optionen. Mit der fortschreitenden Energiewende und dem wachsenden Bedarf an erneuerbarer Energie könnte es zu Engpässen kommen, die sich über mehrere Tage erstrecken. In solchen Situationen bieten Flow-Batterien eine wertvolle Lösung.
Um die Einbindung von grünem Wasserstoff in das System zu verstehen, müssen wir uns den Aufbau der Batterie genauer ansehen: Jede Membran im Zell-Stack der Batterie hat eine Seite, die mit einer wässrigen Elektrolytlösung aus Eisensulfat in Kontakt steht, während die andere Seite an einen Wasserstoffkreislauf angeschlossen ist. Im Ladeprozess agiert die Batterie wie ein Elektrolyseur, indem sie Wasserstoff erzeugt und diesen in einem separaten Tank für die spätere Nutzung speichert. Die Batterie verbraucht also keinen Wasserstoff, sondern nutzt ihn sowie Eisensulfat als aktive Materialien zum Laden und Entladen. Beim Entladen wird der Wasserstoff zurück in den Elektrolyten geleitet, ähnlich einem Kreislaufsystem. Wird die Batterie direkt an eine Wasserstoffpipeline angeschlossen, kann der Wasserstoff während des Ladens und Entladens direkt eingespeist oder entnommen werden. Dadurch entfallen Tanks, was Platz und Kosten spart und die Speicherung pro Megawattstunde effizienter macht.
Heißt das, Sie stehen im Wettbewerb mit der Wasserstoffbranche?
Ganz im Gegenteil, wir unterstützen die Wasserstoffindustrie, indem wir die Nutzung von Elektrolyseuren maximieren. Durch die Kombination unserer Flow-Batterien mit Elektrolyseuren können wir die Produktionskosten von grünem Wasserstoff deutlich reduzieren. Indem wir den Elektrolyseur mit preiswertem Strom versorgen, leisten wir einen Beitrag zu einer kosteneffizienten 24/7-Wasserstoffproduktion. Damit wollen wir die Kluft zwischen Wasserstoff- und Elektrizitätsinfrastrukturen überwinden, die oft als konkurrierende Lösungen und nicht als komplementäre Bestandteile eines integrierten Systems wahrgenommen werden.
Soweit ich weiß, sind wir das einzige Unternehmen, das diese spezielle chemische Verbindung aus Wasserstoff und Eisensulfat verwendet. Der Ansatz, unsere Flow-Batterie mit Elektrolyseuren zu integrieren und an Pipelines anzuschließen, ist besonders einzigartig.
Die beste Zeit zum Laden einer Batterie ist, wenn die Strompreise niedrig sind, und zum Entladen, wenn die Preise steigen. Die Differenz zwischen diesen Preisen bestimmt die Marge pro Megawattstunde. Dabei ist es genauso wichtig, die Speicherkosten pro Megawattstunde in der Batterie zu berücksichtigen– je niedriger diese Kosten sind, desto besser ist die Marge.
Auch die Wahl der Chemikalien hat Auswirkungen auf die Speicherkosten: Viele andere Hersteller verwenden für ihre Flow-Batterien Vanadium als aktives Material. Solche Batterien sind seit etwa einem Jahrzehnt auf dem Markt und sehr zuverlässig, aber die eingesetzte Chemikalie ist teuer und begrenzt verfügbar.
Im Gegensatz dazu ist Eisensulfat weltweit im Überfluss vorhanden und gehört zu den am häufigsten verwendeten Chemikalien in der Industrie. Das sorgt dafür, dass es weder Engpässe noch wirtschaftliche Abhängigkeiten geben wird und die Preise auch in Zukunft niedrig bleiben.
Auf welche Märkte setzen Sie Ihren Fokus?
Obwohl wir in den Niederlanden ansässig sind, konzentrieren wir uns auf internationale Möglichkeiten, die unseren Zielen besser entsprechen. Zudem zeigt die neue rechte Regierung wenig Engagement für die Energiewende. In anderen europäischen Ländern dürfte unsere Technologie wahrscheinlich mehr Zuspruch finden als in den Niederlanden.
Um die besten Märkte für den Einsatz unserer Technologie zu ermitteln, haben wir eine umfassende Analyse aller europäischen Länder durchgeführt. Dabei wurden mehr als zehn Faktoren berücksichtigt, die die Akzeptanz der Technologie beeinflussen könnten. Derzeit konzentrieren wir uns auf Großbritannien, Spanien, Italien und Deutschland, da wir dort das größte Potenzial erkennen.
Die Speicherkapazität von Batterien wird weiter steigen und schließlich mehrere Tage reichen. Mit den kontinuierlichen Fortschritten unserer Flow-Batterien setzen wir uns dafür ein, die Energiewende zu beschleunigen.
Sie finden den Messestand von Elestor im ees Innovation Hub in Halle B0 am Stand B0.121.
Der ees Innovation Hub ist das neue Ausstellungskonzept der ees Europe für junge und innovative Unternehmen! Projekte und Produkte rund um Energiespeicher werden in einem in einem attraktiven Umfeld zusammen mit Forschungsinstituten, Start-ups und internationalen Unternehmen präsentiert. Ergänzend bietet die ees Innovation Hub Stage an allen drei Messetagen ein abwechslungsreiches Programm zu Neuheiten aus Bereichen wie Batterietechnologien, KI in der Batterieforschung, Recycling sowie Industry Pitches. Community- und Networking-Events – zum Beispiel mit den Finalisten und Gewinnern des The smarter E AWARD in der Kategorie Energy Storage – sind ein neuer zentraler Bestandteil des Innovation Hubs in Halle B0. Geplant sind außerdem das „Bier um Vier“-Meet-up, der Hackathon „EES Islands Challenge“ sowie ein attraktiver Treffpunkt für Influencer, Podcaster und TV-Teams.