Die Kombination von Photovoltaik (PV) und Batteriespeichern wird derzeit zur Paradelösung auf den europäischen Märkten. Hohe Strompreise sowie überlastete Netze haben zu diesem Bedeutungsgewinn beigetragen. Daher wollten wir wissen, wie sich der Markt und die Technologien für PV-Speicher-Lösungen derzeit entwickeln – übrigens auch ein prominentes Thema auf dem vergangenen, 38. PV-Symposium , das vom 27. Februar bis 2. März in Bad Staffelstein/ Deutschland die PV-Branche der DACH-Region vereinte.
Dort sprachen wir über die neuesten Entwicklungen für Solarspeicher mit Dr. Johannes Weniger, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin.
Dr. Weniger, welche technischen Neuerungen bei Photovoltaik-Batteriespeichersystemen sind für Sie derzeit zuallererst zu nennen?
Wir sehen spannende Entwicklungen im Batteriebereich. Wir kommen aus einem Markt, der sehr stark von NCM-Batterien, also auf Lithium-Nickel-Cobalt-Mangan-Oxiden basierenden Batterien, dominiert war. Wir sehen, dass jetzt Lithium-Eisenphosphat-Batterien, also LFP-Batterien, immer mehr an Marktrelevanz gewinnen: 2018 basierte in Deutschland noch jedes zweite Heimspeichersystem auf NCM-Batterien. Im vergangenen Jahr wurden bereits in etwa zwei Dritteln aller Heimspeichersysteme LFP-Batterien verwendet.
Wir sehen auch bei der Systemtechnik Neuerungen: Hybridwechselrichter setzen sich immer mehr durch, die sowohl die Solaranlage als auch den Batteriespeicher anbinden. Mittlerweile sind drei Viertel aller neu installierten PV-Speicher in Deutschland DC-gekoppelte Systemlösungen mit Hybridwechselrichter.
Noch vor vier Jahren war es so, dass der Markt zur Hälfte von AC-gekoppelten Systemen und zu anderen Hälfte von DC-gekoppelten Systemen geprägt war. Dadurch, dass mehr Hersteller Hybridwechselrichter anbieten, setzt sich diese Systemkonfiguration immer mehr durch. Ein weiterer Grund ist Ressourceneffizienz: Wenn ich nur ein Gehäuse und nur eine Wechselrichterplattform habe, stehe ich bei diesen Konzepten deutlich besser da.
Schließlich werden jetzt immer mehr Hybridwechselrichter im Leistungsbereich zwischen 15 und 30 kW angeboten. Vorher wurden Hybridwechselrichter im Wesentlichen im Leistungsbereich zwischen fünf und zehn kW angeboten. Durch die größeren Hybridwechselrichter sind wir in der Lage, DC-gekoppelte Systemlösungen in kleinen Gewerbebetrieben und Mehrfamilienhäusern umzusetzen. Anlagen größer als 10 kW nehmen derzeit immer mehr an Fahrt auf. Wir hatten in Deutschland bis Anfang 2021 das Markthemmnis, dass der Eigenverbrauch des Solarstroms mit der EEG-Umlage belastet wurde. Der Wegfall dieser Regelung hat dazu geführt, dass im letzten Jahr im Kleinanlagensegment schon ein Viertel aller Anlagen in Deutschland eine Leistung zwischen 10 und 20 kW hatte.
Welche Auswirkungen hat die zunehmende Systemgröße auf die verwendeten Technologien?
Wenn ich einen Hybridwechselrichter mit 5 Prozent Leistung lade und entlade, ist der Wirkungsgrad geringer, als wenn ich ihn mit Volllast betreibe. Die Herausforderung ist, dass der Stromverbrauch in der Nacht häufig bei 300 Watt oder weniger liegt und ich dann zum Beispiel einen 20-kW-Hybridwechselrichter mit einem schlechteren Wirkungsgrad betreibe, als wenn ich einen 10-kW-Hybridwechselrichter einsetze.
Ich sehe auch den Trend als sinnvoll an, sogenannte Siliziumkarbid-Leistungshalbleiter einzusetzen, die höhere Taktfrequenzen und kleiner dimensionierte Speicherdrosseln ermöglichen. Dadurch erreicht man letztlich höhere Effizienzen im Vergleich zu konventionellen Wechselrichtertopologien und bisher eingesetzten Leistungshalbleitern auf Siliziumbasis.
Welche Fortschritte gibt es bei der Umwandlungseffizienz und im Standby-Verbrauch von Photovoltaik-Batteriesystemen?
Gehen wir mal auf die Relevanz von Wirkungsgraden ein, die oft einfach als eine technische Größe dargestellt werden. Was heißt es eigentlich, wenn ich bei einem Wechselrichter im Endladebetrieb nur einen Wirkungsgrad von 85 Prozent erreiche? Wenn ich einen 10-kWh-Batteriespeicher habe, dann kann ich im Mittel nur 8,5 kWh nutzen. Der Wechselrichter-Wirkungsgrad hat also einen direkten Einfluss darauf, was bei mir im Hausnetz ankommt.
Die besten Wechselrichter haben Wirkungsgrade um 97 bis 98 Prozent, wenn ich den Speicher im Mittel in diesem Wirkungsgrad-Bereich entlade, kann ich bis 9,8 kWh aus meinem Batteriespeicher nehmen und damit Netzstrom substituieren. Die Wechselrichtereffizienz hat also einen entscheidenden Einfluss darauf, was für einen Nutzen ein Speichersystem im Haus hat, denn das Ziel ist letztlich, Strombezug aus dem Netz zu vermeiden.
Im Fokus der Produktentwicklung sehen wir diesen Trend dadurch verstärkt, dass im Heimspeicherbereich mehr sogenannte Hochvoltbatterien angeboten werden mit Spannung zwischen 100 und 500 Volt, die die Wechselrichter in die Lage versetzen, effizienter zu arbeiten. Denn wenn ich einen geringeren Spannungshub zwischen Batterie und interner Spannung vom Wechselrichter habe, kann ich den Wechselrichter auch effizienter betreiben.
Bei Hochvoltbatterie-Systemen ist die Wechselrichtereffizienz zudem dadurch gestiegen, dass die Hersteller auch im unteren Teilleistungsbereich die Wirkungsgrade verbessert haben und dadurch die Umwandlungseffizienz einfach allgemein besser geworden ist.
Zum Standby-Verbrauch: Ein Speicher arbeitet ja nicht 8760 Stunden im Jahr, sondern ist je nach Systemdimensionierung 2000 bis 3000 Stunden im Jahr komplett entladen. Da stellt sich die Frage: Wie viel Energie bezieht der Speicher in dieser Zeit zur Deckung des Standby-Verbrauchs? Es gibt ein Gerät, das einen Standby-Verbrauch von nur zwei Watt hat. Das ist beeindruckend, wenn man überlegt, dass ein Standard-WLAN-Router manchmal mehr verbraucht. Wir sehen aber auch Geräte mit einem Standby-Verbrauch von 50 oder gar 100 Watt. Bei einem solchen Verbrauch kann der Nutzen durchaus um 10 bis 20 Prozent reduziert sein, wenn man das auf die eigentliche Aufgabe des Speichersystems bezieht, Strombezug aus dem Netz zu reduzieren.
Welche Entwicklungen im Bereich Photovoltaik-Batteriesysteme sind derzeit gerade in der Pipeline?
Was sicherlich noch spannend wird, ist das Thema langfristige Erweiterbarkeit. Da gibt es Wechselrichterkonzepte mit nicht nur einem Batterieanschluss, sondern bei denen man gleichstromseitig entkoppelt bis zu drei Batterien anschließen kann, sodass man in der Nachrüstung deutlich flexibler ist.
Das gleiche gilt auch für die PV-Seite. Ein Standard-Solarwechselrichter hatte in der Vergangenheit zwei unabhängige Eingänge, und auch da geht die Entwicklung hin zu drei oder vier Eingängen. Die Entwicklung hin zu mehr Eingängen ermöglicht mehr Flexibilität und ist ein Trend, der sich sicherlich noch in mehr Produkten widerspiegeln wird.
Speicher werden durch den Zubau der Erneuerbaren im Netz immer bedeutsamer. Gleichzeitig gibt es einen Fachkräftemangel, der die Umsetzung der Projekte beeinflusst. Wie soll der enorme Projektbedarf unter diesen Umständen gedeckt werden?
Das Wichtigste ist ein massiver Bürokratieabbau, um die Fachkräfte, die bereits in der Branche arbeiten, an dieser Stelle zu entlasten und so die Effizienz pro Fachkraft zu steigern. Dabei können Anforderungen im Hinblick auf Netzanschluss oder Registrierung gebündelt und automatisiert werden. Prozesse sollten automatisierbar werden, unter Ermöglichung der Schnittstellenanbindung, sodass Unternehmen ihre eigenen Systeme digital ankoppeln können.
Auch auf der Netzseite brauchen wir eine regulatorische Entschlackung bei den Anforderungen. Wieso muss man heute als Installateur für den Wechselrichter, den man verbaut, noch die ganzen Zertifikate einreichen? Wieso gibt es nicht eine zentrale Datenbank, in der die Hersteller die Zertifikate hinterlegen?
Wir brauchen in der Branche aber auch deutlich mehr Fachkräfte. Da geht es darum, Leute aus nahestehenden Branchen zu gewinnen. Ich sehe es ebenso als notwendig an, die Ausbildung weiter zu professionalisieren und die Branche attraktiver zu machen.
Wie sieht es mit der Materialbeschaffung aus?
Wir haben akute Probleme, was die Verfügbarkeit von Leistungshalbleitern angeht. Das stellt europäische Hersteller vor Herausforderung. Gleichzeitig sehen wir aber dadurch Investitionen in neue Chipfabriken in Europa ermöglicht. Wenn die Preise für einzelne Rohstoffe durch die Decke gehen, wird natürlich die Sogwirkung für neue Produkte oder Technologien größer.
Wenn man sich die Aktivitäten der Batteriehersteller anguckt, geht es in die Richtung, den Anteil von kritischen Rohstoffen zu reduzieren. Zum Beispiel versuchen Hersteller, die auf kobalthaltige Batterien setzen, den Kobaltanteil zu reduzieren. Die Branche ist kreativ.
Das Interview führte Sarah Hommel de Mendonça.